Aufenthaltsrechtliche Rahmenbedingungen bei der Aufnahme von ukrainischen Staatsangehörigen und weiteren Geflüchteten aus der Ukraine.
Die europäische Massenzustromrichtlinie gewährt vorübergehenden Schutz für:
- Ukrainische Staatsangehörige, die ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten und am oder nach dem 24.02.2022 infolge der militärischen Invasion russischer Streitkräfte, die an diesem Tag begann, vertrieben wurden;
- Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine, die am oder nach dem 24.02.2022 aus der Ukraine vertrieben wurden und die vor dem 24.02.2022 in der Ukraine den Flüchtlingsstatus oder einen gleichwertigen Schutz genossen haben;
- Familienangehörige dieser beiden Personengruppen, wenn sich deren Familie zum Zeitpunkt der den Massenzustrom von Vertriebenen auslösenden Umstände bereits in der Ukraine aufgehalten haben.
- Staatenlose und Staatsangehörige anderer Drittländer, die nachweisen können, dass sie sich vor dem 24. Februar 2022 auf der Grundlage eines nach ukrainischem Recht erteilten gültigen unbefristeten Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten haben, und die nicht in der Lage sind, sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückzukehren.
- Die Personen können eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) beantragen.
- Eine Einbeziehung weiterer Personengruppen, die sich bspw. rechtmäßig in der Ukraine aufhielten und nicht sicher und dauerhaft in ihr Herkunftsland oder ihre Herkunftsregion zurückkehren können, wird derzeit durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) geprüft.
Die Richtlinie gewährt keinen vorübergehenden Schutz für
- Personen, denen schwerwiegende Straftaten (z.B. Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen oder eine schwere nichtpolitische Straftat, die außerhalb des Aufnahmemitgliedstaates begangen wurde) zur Last gelegt werden. Sie können vom vorübergehenden Schutz ausgeschlossen werden können. Gleiches gilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass die schutzsuchende Person eine Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmemitgliedstaates oder die Allgemeinheit darstellt.
Ablauf der Aufnahme, Registrierung und Aufenthaltstitel
- Ukrainische Staatsangehörige können ohne Visum einreisen, wenn sie über einen biometrischen Pass verfügen. Nach der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung vom 7. März 2022 sind allen Flüchtlingen aus der Ukraine Einreisen ohne biometrischen Pass erlaubt. Sie müssen sich bis zum 23. Mai 2022 nicht registrieren lassen oder eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Die Kommunen und die Helferinnen und Helfer sind aber dringend aufgefordert, den Personen einen Kontakt zur Ausländerbehörde zu vermitteln.
- Geflüchtete aus der Ukraine, die in privaten oder kommunalen Unterkünften Aufnahme finden, müssen nicht in die Erstaufnahmeeinrichtung (EAEH) nach Gießen gebracht werden. Sie werden gebeten, sich an die zuständige Ausländerbehörde zu wenden. Bei der Ausländerbehörde werden sie registriert und erhalten eine Anlauf- oder Fiktionsbescheinigung für die Zeit bis zur Ausstellung des elektronischen Aufenthaltstitels (eAT). Die Ausländerbehörde prüft, ob eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 AufenthG (Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz) erteilt werden kann.
- Eine freiwillige Anmeldung bei der Meldebehörde ist vor Eintritt der Meldepflicht zulässig und wird dringend nahegelegt, um das allgemeine Aufnahmegeschehen besser steuerbar zu machen. Die Anmeldung ist von der Meldebehörde vorzunehmen und wird in der Regel als erstmaliger Zuzug aus dem Ausland bearbeitet.
- Geflüchtete aus der Ukraine, die nicht bei Verwandten oder Bekannten in Hessen unterkommen oder in kommunalen Unterkünften Aufnahme finden können, müssen in die EAEH nach Gießen gebracht werden. Sie werden in der EAEH registriert und erhalten die notwendige Versorgung, Unterbringung, medizinische Hilfe und ein Impfangebot. Der Aufnahmeprozess soll wenige Tage dauen. Anschließend werden die Personen nach dem Landesaufnahmegesetz (LAG) vom Regierungspräsidium Darmstadt den Kommunen zugewiesen. Dort müssen sie sich beim Einwohnermeldeamt anmelden und die zuständige Ausländerbehörde aufsuchen und eine Aufenthaltserlaubnis beantragen.
- Hilfsbedürftige werden von den Ausländerbehörden an die Sozialbehörden verwiesen. Sie erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Daran ändert sich auch nichts nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Die Ausländerbehörden erlauben Personen mit vorübergehendem Schutz die Aufnahme einer Beschäftigung.
- Für die vom Regierungspräsidium Darmstadt zugewiesenen Personen erfolgt die Kostenerstattung nach LAG wie bei zugewiesenen Asylbewerbern. Soweit ukrainische Staatsangehörige unmittelbar in privaten oder kommunalen Unterkünften Aufnahme finden und nicht in die Erstaufnahmeeinrichtung (EAEH) nach Gießen gebracht werden, werden die Ausländerbehörden beim Erstkontakt den Zugang an das Regierungspräsidium Darmstadt melden. Das Regierungspräsidium Darmstadt berücksichtigt den Zugang nachträglich mit Auswirkung auf weitere Zuweisungen nach LAG. Das BAMF arbeitet für die Registrierung an einer speziellen Lösung.
Aufgrund der aktuell dynamischen Lage findet nahezu täglich ein Austausch mit dem Bundesinnenministerium, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und anderen relevanten Akteuren auf der Bundesebene statt, aus dem sich neue Rahmenbedingungen ergeben können.